Scheidung einer Komapatientin
Ein Artikel in
der Kleinen Zeitung am 25.9.2005
weckte in mir Erinnerungen an
die Medienberichte im Fall Terri
Schiavo. Sicher erinnern auch
Sie sich noch daran. Terri
Schiavo verhungerte, weil die
Nahrungszufuhr abgestellt wurde.
Nunmehr gibt es
auch in Kärnten einen Fall
Schiavo. Zwar in abgeschwächter
Form, schließlich steht hier
nicht die Tötung, sondern
lediglich die Ehescheidung ohne
Einwilligung der Komapatientin
zur Diskussion. Aber trotzdem
sehe ich einige Parallelen.
„OGH
ebnet Weg für Scheidung einer
Komapatientin“ lautete die
Schlagzeile der Sonntagsausgabe
der Kleinen Zeitung vom 25.
September 2005. In wenigen
Worten ausgedrückt, geht es in
diesem Artikel um die Frage, ob
der Sachwalter der seit 2004 im
Wachkoma liegenden Frau das
Recht hat, für diese die
Scheidung einzureichen. Der
Oberste Gerichtshof hob die vom
zuständigen Bezirks- und
Landesgericht getroffene
Entscheidung auf und verwies den
„Fall der Kärntner Komapatientin
nun zurück zum Erstgericht [...]
dort muss das
Pflegschaftsgericht prüfen, ob
die Scheidung für die Frau von
Vorteil ist.“ Sollte dies zum
“Wohl des Mündels“ sein, „kann
der Sachwalter den
Scheidungsprozess im Namen des
Schützlings durchfechten.“
Schade, dass aus
dem Artikel nicht hervorgeht,
wer der Sachwalter ist. Ist es
eine Person, die in einem
Verwandtschaftsverhältnis zur
Komapatientin steht? Diese
Unkenntnis lässt die wildesten
Spekulationen zu. Möglicherweise
könnte der Sachwalter einen
persönlichen Nutzen aus der
Scheidung ziehen?
„Würde die Ehe
der Betroffenen weiter laufen –
obwohl sie unfähig ist, sich zu
artikulieren und im Wachkoma
liegt – stünde ihrem Gatten ein
Erbrecht zu.“ Der Grund scheint
also eine Erbangelegenheit zu
sein, was die obige Annahme
erhärtet.
So oder so ist es
jedoch eine zum Himmel stinkende
Sache. Zugegeben, eine
Urteilsbildung ist aufgrund der
spärlichen Informationen
schwierig, jedoch ein Interesse
im Sinne der betroffenen Frau
lässt sich schwer ableiten. Sie
hätte diesen Schritt wohl im
Laufe der 20 von ihrem Mann
getrennt verbrachten Jahre
gesetzt.
Wie bei Terri
Schiavo wird über den Kopf des
betroffenen Menschen - oder
juristisch, jedoch nicht
politisch korrekt ausgedrückt,
über den Kopf des „Mündels“ bzw.
„Schützlings“ entschieden.
Ernst Kočnik
2. Oktober 2005